Elektroautos sind längst im Alltag angekommen, doch die Batterie bleibt das teuerste und zugleich sensibelste Bauteil. Ob bei Leasingrückläufern, Firmenflotten oder Insolvenzbewertungen – der Zustand des Akkus entscheidet oft über zehntausende Euro Unterschied im Verkehrs- und Liquidationswert. Während man bei einem Verbrenner den Kilometerstand und das Baujahr heranzieht, hängt bei einem E-Auto viel an einem einzigen Faktor: der Batterietechnik und ihrem Zustand.

Welche Batterietypen es aktuell gibt

Batterien sind nicht gleich Batterien. Auch wenn fast alle Hersteller heute auf Lithium-Ionen-Technologie setzen, gibt es innerhalb dieser Kategorie große Unterschiede. Die wichtigsten Typen im Überblick:

Batterietyp Merkmale Informationen

Lithium-Ionen (Li-Ion)

Standard in fast allen E-Autos, gute Energiedichte, empfindlich bei extremer Nutzung

Solide, aber Alterung durch Ladezyklen

Lithium-Eisenphosphat (LFP)

Langlebig, sicher, günstiger, geringere Energiedichte

Hohe Zyklenfestigkeit, oft wertstabil bei Flottenfahrzeugen

Nickel-Mangan-Kobalt (NMC)

Höhere Energiedichte, häufig in Premiumfahrzeugen

Teuer, aber recyclingfähig und markenabhängig wertbeständig

Feststoffbatterien (Solid-State)

Noch in Entwicklung, gilt als Zukunftstechnologie

Zukunftsorientiert, aber aktuell kaum bewertbar

Für Sachverständige ist entscheidend, welche Zellchemie verbaut ist. Sie beeinflusst Lebensdauer, Sicherheit, Reichweite und später auch den Restwert.

Lebensdauer, Nutzung und Alterung

Batterien unterliegen, ähnlich wie Motoren, einem Verschleiß. Nur entsteht dieser nicht durch Reibung, sondern durch Ladezyklen, Temperaturbelastung und Nutzungstiefe. Jede vollständige Ladung und Entladung reduziert minimal die Gesamtkapazität. Hersteller versuchen, diesen Prozess zu steuern. Viele Systeme erlauben keine vollständige Aufladung auf 100 % oder Entladung auf 0 %, um die chemische Alterung zu verlangsamen. Auch das Batteriemanagementsystem (BMS) spielt eine zentrale Rolle, da es Zellen balanciert, Temperaturen reguliert und Überlastungen verhindert.

Wie viele Ladezyklen halten Batterien aus?

Je nach Zellchemie schaffen moderne Systeme im Durchschnitt:

Typ

Typische Ladezyklen bis ca. 70–80 % Restkapazität

Entspricht ungefähr

NMC / NCA (Lithium-Ionen)

ca. 1.000–1.500

8–10 Jahre normaler Nutzung

LFP (Lithium-Eisenphosphat)

ca. 3.000–5.000

15–20 Jahre

Feststoffbatterien (zukünftig)

über 5.000 (Prototypstatus)

derzeit in Entwicklung

Diese Werte stammen aus branchenüblichen Erfahrungswerten und dienen als Orientierung, nicht als Garantie. In der Praxis hängt die Lebensdauer stark von Temperatur, Ladestrategie und BMS-Steuerung ab.

Ladezyklen und Bewertungspraxis

In der täglichen Bewertungspraxis, etwa bei Autopreis-Datenbanken, Insolvenzbewertungen oder Liquidationsgutachten, werden Ladezyklen derzeit nicht berücksichtigt, weil sie nicht standardisiert auslesbar sind. Einige Hersteller speichern sie intern, doch abrufbar sind meist nur Werte über den State of Health (SoH), also den prozentualen Zustand der Akkukapazität. Für die Bewertung ist daher der SoH-Wert aussagekräftiger als die reine Zykluszahl. Er zeigt, wie viel der ursprünglichen Kapazität ein Akku noch besitzt und damit, wie viel „Leben“ tatsächlich in ihm steckt. Langfristig wäre es sinnvoll, wenn SoH-Werte standardisiert in Bewertungssysteme einfließen, da sie eine realistische Grundlage für den technischen Zustand und somit den Verkehrswert liefern.

Restwert, Austausch und Markt

Der Akkuzustand ist heute der wichtigste Einzelwertfaktor eines Elektrofahrzeugs, oft bis zu 40 % des Gesamtwerts. Ein gutes Batteriezertifikat kann den Preis spürbar steigern, ein schlechtes ihn drastisch senken. Der Austausch eines kompletten Akkupakets kann, je nach Fahrzeugklasse und Batterietyp, zwischen rund 6.000 € und 25.000 € kosten. Diese Angaben dienen als grobe Orientierung und basieren auf branchenüblichen Marktpreisen. Für die Bewertungspraxis bedeutet das: Ein defekter oder verschlissener Akku kann den Liquidationswert massiv beeinflussen, insbesondere wenn keine Garantie oder Rücknahmevereinbarung besteht.

Second Life und Recycling

Nach dem Einsatz im Fahrzeug ist der Akku nicht automatisch wertlos. Viele Batterien werden in sogenannten Second-Life-Anwendungen weiterverwendet, etwa als stationäre Energiespeicher für Photovoltaikanlagen oder Gewerbebetriebe. Je nach Zustand sind hier noch fünf bis zehn Jahre Nutzungsdauer möglich. Die Umsetzung erfordert allerdings technische Prüfung und Anpassung, weshalb eine Unterscheidung zwischen weiterverwendbar und nur noch recyclingfähig wichtig ist. Beides hat unterschiedliche Auswirkungen auf den Verkehrswert und Liquidationswert. Beim Recycling werden wertvolle Rohstoffe wie Lithium, Nickel, Kobalt oder Kupfer zurückgewonnen. Das Verfahren steckt zwar noch in Entwicklung, wird durch steigende Rohstoffpreise aber zunehmend wirtschaftlich interessant.

Zukunft und Bewertungsperspektive

Für Sachverständige, Gutachter, Leasinggesellschaften und Banken bedeutet das: Wer die Batterietechnik versteht, kann realistisch einschätzen, wie sich technische Alterung, Zellchemie und Wartungsprogramme auf den Wert auswirken. Eine reine Betrachtung nach Baujahr oder Kilometerstand greift bei Elektrofahrzeugen zu kurz. Die Batterie ist das neue Herz des Fahrzeugs, technisch, wirtschaftlich und in der Bewertungspraxis.

Fazit

Batterietechnik ist kein Zukunftsthema mehr, sondern längst Teil der Gegenwart. Für die Bewertungspraxis wird sie zunehmend entscheidend, nicht nur im Automobilbereich, sondern auch bei mobilen Arbeitsmaschinen, Energiesystemen und industriellen Anwendungen. Die Zukunft zeigt: Der Wert eines Elektrofahrzeugs wird künftig stärker durch seinen Akku bestimmt als durch jede andere Komponente. Und auch wenn niemand eine Glaskugel hat, wer Batterietechnik versteht, bewertet nicht nur ein Fahrzeug, sondern die Energie dahinter.

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