Kaum eine Unternehmensbewertung kommt ohne EDV aus – oder, moderner gesagt, ohne IT. Fun Fact: Beide Begriffe meinen im Grunde dasselbe.
EDV steht für Elektronische Datenverarbeitung, ein Begriff, der aus den 1970er- und 1980er-Jahren stammt, als Computer noch raumfüllende Maschinen waren. Heute spricht man meist von IT, also Informationstechnologie. Gemeint ist aber dasselbe: alles, was mit Computern, Netzwerken und digitaler Infrastruktur zu tun hat.
Ob Sanierungen, Insolvenzen oder laufende Bewertungen – Computer, Server, Notebooks, Monitore, Switches und Zubehör sind fast immer Teil des Bestands. Doch was auf den ersten Blick wertvoll wirkt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung oft als schnelllebiges Gebrauchsgut, dessen Marktwert nur kurz Bestand hat.
Technik, die nie stillsteht
IT-Technologie entwickelt sich in einem Tempo, das kaum eine andere Branche erreicht. Neue Generationen von Laptops, Prozessoren oder Grafikeinheiten erscheinen im Jahresrhythmus, Softwareanforderungen steigen und die Unterstützung älterer Systeme endet oft nach wenigen Jahren.
Ein Gerät, das heute als modern gilt, kann morgen bereits zum Altbestand zählen. Diese Dynamik macht die Bewertung gebrauchter EDV-Ausstattung besonders herausfordernd.
Gerade bei Insolvenzen zeigt sich: Viele Unternehmen verfügen über funktionierende, aber technisch überholte Geräte. Bei der Bewertung muss daher immer berücksichtigt werden, dass die ursprünglichen Anschaffungskosten nur selten eine Rolle spielen. Der Verkehrswert orientiert sich so gut wie möglich am tatsächlichen Gebrauchtmarkt – und der ist bei EDV ausgesprochen selektiv.
Wie sich der Gebrauchtmarkt verhält
Der Markt für gebrauchte EDV ist gesättigt und stark preisgetrieben. Zwar existieren spezialisierte Wiederverwerter, Online-Händler und IT-Remarketing-Unternehmen, doch die erzielbaren Werte liegen meist weit unter den Erwartungen.
Gerade bei Standardhardware wie Office-PCs, älteren Notebooks oder Servern gilt: Der Liquidationswert ist häufig gering, manchmal sogar nur symbolisch oder nahe am Entsorgungswert. Ausnahmen bilden hochwertige Markenprodukte mit stabiler Nachfrage, etwa Apple MacBooks, iMacs, bestimmte ThinkPad-Modelle oder Serverkomponenten von HPE oder Dell, sofern sie noch aktuelle Generationen unterstützen.
Hier spielt neben der Technik auch das Image und Design eine Rolle. Marken wie Apple haben einen echten Statussymbol-Effekt, der selbst am Gebrauchtmarkt spürbar bleibt. Geräte mit hochwertiger Verarbeitung, Aluminiumgehäusen und schlichtem Design wirken langlebiger und verkaufen sich schlicht besser.
Verwertung und Verkauf
Gebrauchte Geräte lassen sich über verschiedene Kanäle weiterverwerten:
-
Refurbed, Rebuy oder asgoodasnew (Endkundenmarkt)
-
IT-Remarketing-Unternehmen (B2B-Rückkauf und Datenlöschung)
-
Gebrauchtgerätehändler und Onlineplattformen wie Willhaben oder eBay
-
Herstellerprogramme wie Apple Trade-In oder Lenovo Buyback
Achtung: Datenlöschung nicht vergessen
Ein oft unterschätzter Punkt bei der Verwertung von Unternehmenshardware ist die Datenlöschung. Geräte enthalten nicht nur Software, sondern häufig auch vertrauliche Informationen, E-Mail-Verläufe, Kunden- oder Personaldaten.
Besonders bei Servern, Notebooks oder NAS-Systemen besteht ein erhebliches Risiko, wenn Datenträger unzureichend gelöscht oder einfach formatiert werden. Professionelle Wiederverwerter bieten daher zertifizierte Datenlöschverfahren an, beispielsweise nach Standards wie Blancco, DoD 5220.22-M oder NIST 800-88. Dabei wird die Festplatte mehrfach überschrieben oder physisch zerstört, um eine Wiederherstellung auszuschließen.
Gerade in Insolvenzverfahren oder bei der Verwertung von Leasingrückläufern ist dieser Schritt essenziell, da hier Haftungsrisiken bestehen können, wenn sensible Daten in falsche Hände geraten.
Besonderheiten in der Bewertung
Bei der Bewertung von EDV-Ausstattung berücksichtigen wir mehrere Faktoren:
-
Alter und technische Leistungsfähigkeit
-
Hersteller, Modell und Marktverfügbarkeit
-
Funktionsfähigkeit und optischer Zustand
-
Dokumentation und Vollständigkeit (Kabel, Zubehör, Seriennummern)
-
Marktverfügbarkeit und Nachfrage
Besonders wichtig ist die realistische Einschätzung der wirtschaftlichen Nutzbarkeit. Ein Laptop mag technisch funktionieren, doch wenn er Betriebssysteme oder Software nicht mehr unterstützt, ist sein wirtschaftlicher Wert stark eingeschränkt.
Restwert oder Realität?
Ein häufiger Irrtum ist die Annahme, dass EDV „noch einiges wert sein muss“, nur weil sie funktioniert. In der Praxis sind viele Systeme schlicht abgeschrieben und veraltet, ihre Verwertung lohnt sich kaum. In Liquidationsszenarien sehen wir regelmäßig, dass EDV-Positionen mit mehreren zehntausend Euro Anschaffungskosten nur noch wenige Hundert Euro einbringen.
Bei Sanierungen hingegen kann die EDV im Betrieb weiter genutzt werden und hat dadurch einen höheren Nutzwert, der aber nur im Kontext der Fortführung eine Rolle spielt. Für externe Käufer ist sie meist uninteressant, außer bei spezialisierten Komponenten.
Praxisbeispiel aus der Bewertung
In einem größeren Bewertungsprojekt im Rahmen einer Unternehmenssanierung bestand ein erheblicher Teil des Inventars aus IT-Equipment, darunter Serverracks, Office-PCs, Monitore und Netzwerkkomponenten. Der Insolvenzverwalter hatte ursprünglich ein Anlageverzeichnis mit hohen Anschaffungspreisen übermittelt. Im Rahmen der Bewertung zeigte sich, dass die Ausstattung zum Teil sehr hochwertig und neuwertig war, gleichzeitig aber auch zahlreiche ältere Geräte vorhanden waren.
Da es sich um ein IT-Unternehmen handelte, war die Menge beträchtlich: über 200 Monitore, zu denen jeder Mitarbeiter mindestens zwei nutzte. Zusätzlich befanden sich viele weitere Geräte im Lager, teilweise voll funktionsfähig, teilweise deutlich veraltet. Ein Teil der Hardware war modern und am Markt gut verwertbar, etwa aktuelle Workstations und Server mit dokumentierter Wartung.
Der andere Teil bestand aus Altbeständen, die über Jahre aufgehoben, aber nie ersetzt oder entsorgt wurden. Gerade diese Mischung führte zur Herausforderung: Wenn eine große Menge ähnlicher Geräte gleichzeitig auf den Markt kommt, muss auch jemand da sein, der sie tatsächlich abnimmt.
Am Ende zeigte sich, dass der Verkehrswert für die neuwertigen Geräte solide war, der Großteil der älteren Ausstattung jedoch, aufgrund technischer Überalterung und Marktübersättigung, nur noch zum Liquidationswert bewertet werden konnte.
Fazit
EDV-Ausstattung ist unverzichtbar, aber selten wertbeständig. Im Gegensatz zu Maschinen oder Betriebseinrichtungen sind Computer und Server kurzlebige Gebrauchsgüter, deren Wert sich rasch verändert.
Bei der Bewertung zählt weniger die ursprüngliche Investition, sondern was der Markt aktuell hergibt. Unsere Erfahrung zeigt: Nur wenige Geräte behalten längerfristig relevanten Wert und selbst dieser hängt stark von Marke, Pflege und technischer Generation ab.
Titelfoto von Andras Vas auf Unsplash